Stellungnahme zur »Zunahme antisemitischer Vorfälle in Österreich seit dem 7. Oktober«

Stellungnahme:

 

Jüdisches Leben in Österreich muss geschützt sein. Doch die nähere Betrachtung der inkriminierten antisemitischen Vorfälle zeigt, dass diese sich überwiegend nicht gegen die jüdische Bevölkerung Österreichs richten, sondern gegen die Symbole des Staates Israel. Die Israelitische Kultusgemeinde verwehrt sich nicht gegen die Identifikation der jüdischen Religion mit Symbolen (im Speziellen die israelische Fahne) eines zionistischen Siedlerstaates, der gerade ein Massaker an der palästinensischen Zivilbevölkerung verursacht. Die Gleichsetzung der Vertreibung und Ermordung der Palästinenser mit Sicherheit für Israel, anstatt eines demokratischen Staates für alle, die Gleichsetzung eines exklusiv jüdischen Staates mit dem Judentum in seiner Gesamtheit, die Verknüpfung der israelischen brutalen Staatsagenden mit dem Wohl und Wehe des jüdischen Lebens im Nahen Osten und des Weiteren hier in Österreich, die Gleichsetzung der palästinensischen Forderungen nach einem selbstbestimmten demokratischen Palästina mit der Bedrohung von Auslöschung jüdischer Identität hat dazu geführt, dass die Definition von Antisemitismus im Sinne der israelischen Propaganda verändert wurde (IHRA-Definition), sodass jede Handlung oder Aussage, die sich gegen die israelische Staatsräson richtet, als antisemitisch denunziert wird. Das wird auch von sehr vielen Jüdinnen und Juden mit Sorge betrachtet, da sie sich nicht für Israel vereinnahmen lassen wollen. Diese Gleichsetzungen von Staat (Israel), Land (Palästina), Religion (Judentum) und Menschen (Jüdinnen und Juden) bei gleichzeitigen Meinungs- und Versammlungsverboten sowie Diffamierung (inklusive Übergriffen) gegen Palästinenser:innen, arabischstämmige Menschen, palästinasolidarische Menschen sowie kenntliche Musliminnen und Muslime, die einseitige Parteinahme des neutralen Österreichs durch das Hissen der israelischen Flagge auf dem Bundeskanzleramt und anderen Staatsgebäuden, während zur gleichen Zeit das Schwenken von palästinensischen Fahnen als »Hamas-Bejubeln« in den Medien präsentiert wird, wenn die Forderung nach einem demokratischen Palästina für alle mit Gewaltaufrufen in eines gesetzt wird, dann führt das zu einer Spaltung der Gesellschaft und alarmiert uns für die Folgen, die das für die Gesellschaft und die Demokratie mit sich bringen kann. Als Vertreterinnen und Vertreter einer gerechten Lösung, eines Ansetzens an den Ursachen von Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung werden wir nicht schweigen und nicht aufhören, von unseren Grundrechten auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen. Wir wissen zwischen der Politik des Staates Israel und jüdischen Menschen zu unterscheiden. Wo diese Unterscheidung nicht getroffen wird, und das ist gegenwärtig in der politischen und medialen Arena der Fall, das ist bei der IKG der Fall, ist es heuchlerisch, von den Massakern in Gaza zu schweigen und die Zunahme von Akten und Äußerungen gegen israelische Staatssymbole als Antisemitismus zu beklagen. Das Massaker in Gaza muss aufhören!

 

M. Weinberger für die PSÖ