„Die ethnische Säuberung in Palästina und das Rückkehrrecht der Palästinenser“

 Ich möchte damit beginnen allen Organisatoren zu danken, denn ich weiß, dass es ziemlich anstrengend war uns alle zusammen zu bringen. Es ist eine große Leistung und wie schon Mazin [Qumsiyeh] und Haidar [Eid] und auch Lubna [Masarwa] gestern gesagt haben, Ihr habt uns eine wunderbare Gelegenheit gegeben uns alle zu treffen. Wir sind hier zusammenzukommen, nicht in Palästina, wo wir uns eigentlich treffen sollten, aber wegen der israelischen Unterdrückung ist das nicht möglich. Hoffentlich werden wir alle bald dort sein und nicht hierher kommen müssen, in diese kalten Berge von Stuttgart, um ein Zusammenwirken zu schaffen. Ich glaube, dass das der Sinn der zionistischen Sache ist, dass er den Menschen nicht erlaubt ein normales Leben zu führen, normale Freundschaften zu führen. […] 

 

Wir leben in sehr eigenartigen Zeiten. Einerseits hätten wir, die Aktivisten, uns keine bessere israelische Regierung wünschen können. Ich glaube, dass diese besondere Regierung jede komplizierte Analyse des Zionismus in Israel ziemlich überflüssig macht. Es ist sehr leicht nicht nur die israelische Politik, sondern auch die rassistische Ideologie dahinter zu erklären. Andererseits hat Israel die erfolgreichste Ökonomie im Westen in den letzten drei Jahren, es steht viel besser da als Deutschland, viel besser als alle anderen westlichen ökonomischen Mächte, sein Banksystem ist sehr stabil, seine Währung ist eine der stärksten der Welt und es leidet überhaupt nicht unter all den Missständen, die die westliche kapitalistische Ökonomie in den letzten drei Jahren erlitten hat. Das Resultat ist ein sehr verwirrendes Auseinanderklaffen zwischen dem was die dezente westliche Durchschnittsbevölkerung über Israel denkt und die Art und Weise wie die Israelis, besonders wie die israelischen Juden über sich denken. Letztere glauben, dass sie in einer erfolgreichen Gesellschaft leben, sie glauben dass der israelisch-arabische Konflikt zu Ende ist, dass das palästinensische Problem gelöst sei. Natürlich, es gib ein Problem in Gaza, es gibt ein Problem mit Hezbollah im Libanon, aber das ist ein globales Problem, das ist kein spezifisches israelisches Problem, das ist Teil des so genannten Krieges gegen den Terror. 

 

Wir leben auch in einer Zeit in der eine besondere und spezifisch israelische Politik stark kritisiert wird. Die Menschen demonstrieren gegen das Massaker in Gaza, Menschen gehen demonstrieren gegen die Attacke auf die Flottille für Gaza, aber bislang wagt es keiner die Ideologie anzugreifen, die hinter dieser Politik steht.  Es gibt keine Demonstration gegen den Zionismus, weil das europäische Parlament eine Demonstration gegen den Zionismus als Antisemitismus ansieht. Stellt euch vor, es wäre euch in den Tagen der südafrikanischen Apartheid verboten gewesen, gegen die Apartheid in Südafrika zu demonstrieren, sondern nur erlaubt gewesen, gegen das Massaker in Soweto zu protestieren. Das dies so ist, ist immer noch ein israelischer Erfolg.

 

Deutschland spielt in diesem Erfolg eine große Rolle. Das Hauptproblem und die Hauptursache dieser kriminellen Politik wird nicht analysiert, nicht diskutiert und nicht berührt, sondern nur die Symptome. Ich bin kein Arzt, ich bin kein Mediziner aber ich weiß, wenn du nur mit den Symptomen arbeitest und nicht mit den Ursachen der Krankheit, kannst du den Patienten nicht heilen.  

 

Ich glaube, dass wir als Aktivisten, und es ist leichter mit euch zu sprechen, als mit Leuten die nichts über den Konflikt wissen oder ganz auf der anderen Seite stehen, etwas an dem, was wir machen, ändern müssen. Nicht, was die sehr erfolgreiche BDS-Kampagne [Boykott-Kampagne] betrifft, oder die Art von Dingen die wir in Deutschland oder woanders in Solidarität mit dem palästinischen Volk machen. Ich denke, dass das ein beeindruckendes Kapitel der Aktivität der europäischen Zivilgesellschaft ist, trotz allem beeindruckender, wie gestern unterstrichen wurde, als das Kapitel des Kampfes gegen die Apartheid. Aber viele von uns verwenden noch immer nicht die richtige Sprache, die wir anwenden sollten um die Nachricht, mit der wir uns beschäftigen, zu den Menschen nach Hause zu bringen.  Einer der größten Widersprüche, in dem was in Israel und Palästina passiert, ist, dass es einerseits keine komplizierte Geschichte ist - wir hatten das schon: europäische Siedler kommen daher und massakrieren oder vertreiben die indigene Bevölkerung. Die Zionisten haben darin nichts Neues erfunden. Andererseits hat Israel überall Erfolg, dafür eine so komplizierte Erklärung abzugeben, dass nur Israel diese verstehen kann – und dafür hat es immer die Hilfe seiner Verbündeten gehabt. Euch ist es nicht gestattet, euch ich in diese Analyse einzumischen, speziell wenn ihr Deutsche seid. Euch ist es nicht gestattet in diese Analyse einzugreifen, weil sie angeblich so kompliziert ist.

 

Nein, sie ist wirklich nicht kompliziert. Und deswegen ist die Geschichte so wichtig. Die nicht so komplizierte Geschichte der zionistischen Bewegung, was sie war und was sie der einheimischen und indigenen Bevölkerung angetan hat und immer noch antut, zu verstehen, um diese Geschichte geht es eigentlich. Ja, es gibt andere Geschichten, die da dranhängen, ich gebe es zu, das Schicksal der Juden in Europa, der Holocaust. Ich kenne die Geschichte der Beziehung zwischen Christentum und Judentum in den letzten 2000 Jahren nicht, aber das sind Randvorkommen.  Das ist nicht die Hauptgeschichte, sie gehören zu dieser Geschichte, aber sie beginnt nicht mit ihnen.

 

Deshalb wird in Israel leider selbst palästinensischen Studenten, die israelische Bürger sind, wenn sie die Geschichte ihres eigenen Landes lernen, die Geschichte mit Odessa gelehrt. Ich erinnere mich an meine Studenten an der Universität, die mich fragten: „Können Sie uns erklären, wenn wir in R. oder S oder im Negev geboren wurden, warum unsere Geschichte dann in Odessa beginnen muss?" Sie wussten nicht einmal wo Odessa war. Und ich antwortete, es ist deswegen, weil ihr unter der Besatzung lebt, selbst innerhalb Israels, nicht nur im Westjordanland oder im Gazastreifen. Palästinenser in Israel sind auch unter Besatzung und auch unter Kolonisierung. Wenn wir das nicht verstehen, können wir den toten Punkt nicht überwinden. Denn das, was den so genannten Friedensprozess betrifft, der 1967 begann, spielt sich am Mars oder am Mond ab...  Das ist der einzige Friedensprozess in der Geschichte, den ich kenne, der überhaupt nichts mit dem Problem, das er lösen sollte, zu tun hat.

 

Worüber sie in Genf 1977, in Madrid 1991, in Oslo 1993, gesprochen haben, hatte nur sehr wenig mit dem Kern des Problems zu tun. Es ging nur um die Symptome, aber nicht um den Kern. Und das ist der zweitgrößte Erfolg Israels: Dass nicht nur die öffentliche Meinung den Kern nicht berührt, sogar der Friedensprozess ihm erfolgreich ausgewichen ist. Wenn du auf die Geschichte zurückkommst und heute  die richtige Sprache anwendest, dann bist du nicht anachronistisch, wie jemand versuchte heute morgen zu sagen, du bist nicht anachronistisch, du bist tatsächlich eine sehr bedeutungsvolle Person auf dem neuesten Stand.  Ich erkläre warum. 

 

Wenn du sagt, Zionismus ist Kolonialismus, bist du der junge Student der am neuesten Stand der Geschichte ist, den ich getroffen habe. Jeder, der einwendet, das sei Anachronismus oder keine Hilfe oder Antisemitismus, der ist anachronistisch und lebt am Mond oder am Mars, und kann weiterhin über etwas reden, was überhaupt nichts mit dem zu tun hat, was dort passiert. Tatsächlich ist es so, wenn du  Hebräisch kannst, dann weißt du, dass die hebräische Sprache, von 1882 bis heute, um die zionistische Bewegung gebildet wurde. Zur Beschreibung der Vorgänge in Palästina wendet sie ständig das Wort "hityachwut, hituachahut" an, und die einzige Möglichkeit der Übersetzung ist "kolonisieren", es gibt keine andere Übersetzung. Also fand die zionistische Bewegung im späten 19. Jahrhundert -  als der Kolonialismus ein gutes öffentliches Ansehen hatte – nichts dabei, das Wort "kolonisieren" zu verwenden. Dann haben sie erfahren, dass Kolonialismus nicht so gut ankommt, so haben sie das Wort anders übersetzt. Sie fanden das Wort "sich niederlassen", was in Englisch etwas anderes bedeutet, und sie erklärten "ja, es ist kolonisieren aber nicht wie "kolonisieren" das ist eine andere Art.

 

Wiederum ist es kompliziert und nur wir, die zionistischen israelischen Juden verstehen, warum die israelische Kolonisierung anders als die weiße Kolonisierung in Südafrika ist. Aber wenn du kein israelischer Jude bist, kannst du das nicht verstehen. Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Sache wieder zurück in unser Lernen und unsere Schulen, in unser Herangehen an die Öffentlichkeit, in unsere Verhandlungen mit der politischen Elite in diesem Land und im Westen, zu bringen und ihnen zu sagen: „Ihr habt es mit dem letzten andauernden Kolonialunternehmen  zu tun“ und so eigenartig es klingt, selbst im 21. Jahrhundert wendet dieses Kolonialunternehmen die gleichen Taktiken an, wie der Kolonialismus im 19. Jahrhundert. Ich glaube, dass jede ehrliche Person im Westen, wie in den Zeiten des Kolonialismus, nicht auf der Seite des Kolonialismus steht. Aber ihr müsst die Sprache deutlicher machen, ihr müsst euren Geist schärfen und ihr müsst daran denken, dass es überhaupt nicht zur Sache gehört, was die Leute auf eure Deutlichkeit erwidern. Es hat keinen Belang, was sie sagen, sie sehen euch als Antisemiten, selbst wenn ihr die Zweistaatenlösung unterstützt, weil für sie die Zweistaatenlösung eine andere ist als für euch. Ihr glaubt, dass die Zweistaatenlösung ein souveräner unabhängiger Staat im Westjordanland und dem Gazastreifen ist, nein, ihr versteht das nicht. Der Staat für die Palästinenser sind zwei Bantustans, im Westjordanland 12 kleine Inseln und ein, wie ein Konzentrationslager abgesicherter Gazastreifen, die miteinander keine Verbindung haben, mit einer kleinen Stadtverwaltung in Ramallah, die Regierung genannt wird. Das ist der Staat, und wenn du diesen Staat nicht begreifst, dann zeigt das, dass du die Komplexität des Konfliktes noch lernen musst. 

 

Nun ist der Kolonialismus eine Botschaft aus der Vergangenheit, die wir übernehmen müssen und mit der wir uns auseinandersetzen sollen. Es ist universell sehr leicht zu verteidigen, gegen den Kolonialismus zu kämpfen. Das ist der Kampf gegen die Auffassung, dass jemand von außen das Recht hat das Leben von Menschen drinnen zu zerstören. Und sie haben es 1882, 1948 und gestern im Negev oder im Westjordanland getan und sie werden es nächste Woche tun, wenn wir mit den Friedensverhandlungen, der Zweistaatenlösung und allen möglichen irrelevanten Konzepten, die nichts mit der Realität im Land zu tun haben, weitermachen. 

 

Das zweite Konzept aus der Vergangenheit, das wir den Leuten unbedingt vermitteln sollen, ist das Gedenken an die Verbrechen Israels. Beispielsweise im Januar das Gedenken an das, was Israel im Gazastreifen verbrochen hat, oder im Mai das Verbrechen von Israel von 1948, die ethnischen Säuberungen. Ethnische Säuberungen sind ein Konzept, das in den 1990er Jahren entwickelt wurde, im Zusammenhang mit den Balkankriegen, aber selbst vorher wurde es von der internationalen Gemeinschaft als eine in akzeptable Ideologie und Politik angesehen.  Nur der Genozid wird von der Internationalen Gemeinschaft als schlimmer als die ethnische Säuberung betrachtet. Ziemlich oft sind die beiden zusammen vorhanden, wie wir das in Israel und Palästina, aber auch an anderen Orten sehen können. Wenn es dir erlaubt ist die Politik einer ethnischen Säuberung durchzuführen, dann brauchst Du nicht überrascht sein, dass diese Verbrecher eines Tages auch zum Genozid führen.

 

In beiden Fällen müssen die Menschen, um sie zu verjagen und zu massakrieren, entmenschlicht werden, selbst die Kinder.  Jeder, der in Israel lange genug gelebt hat, wie ich, weiß, dass die hauptsächliche Beschädigung der Menschen durch den Militärdienst geschieht, mit der totalen Entmenschlichung der Palästinenser. Deswegen sieht der Soldat, wenn er ein Baby sieht, kein Baby, sondern einen potentiellen Feind.  Der Weg vom Baby, das man aus dem Haus wirft, dahin, es zu töten, ist nicht lang. Ich glaube, dass die Botschaft der ethnischen Säuberung die Botschaft der Kriminalisierung ist. Nicht nur die Politik des israelischen Staates wird kriminalisiert, sondern der Staat Israel selbst. Das ist es, was wir machen müssen. Nur eine faschistische Einstellung zum Leben würde sagen, dass in jeder historischen Situation ein Staat und ein Land dasselbe sind. Nein, sie sind nicht dasselbe. Manchmal ist der Staat das Schlimmste, was einem Land passieren kann.  Und das Schlimmste was dem Land Palästina passieren konnte, ist der Staat Israel.

 

Wenn wir für das Land Palästina einen Platz schaffen wollen, in dem die Menschen als gleichwertige leben, tatsächlich besser als in anderen Teilen des Mittleren Ostens, selbst besser als in verschiedenen Teilen in Europa, müsste man den Staat dem Land opfern. Es geht nicht um die Frage des Existenzrechtes des Staates Wir sind Individuen, wir sind Aktivisten, wir haben die Macht das Existenzrecht eines Staates herauszufordern, wir können Staaten nicht eliminieren (Israel hat die Macht Staaten zu eliminieren, wir haben nicht die Macht Staaten zu eliminieren). Was wir haben ist die moralische Macht  den  Leuten zu sagen, dass diese Art von Staat, den sie geschaffen haben und den sie aufrecht erhalten, zerstörerisch für das Land ist, in dem sie leben.

 

Die Schaffung dieses Staates hat 1948 zur Vertreibung der Hälfte der gebürtigen Bevölkerung von Palästina geführt. Zeigt mir irgend eine andere Situation in der Geschichte, wo die internationale Gemeinschaft unter dem Slogan von Frieden, herkommt und sagt: „Um dieses Land zu einem friedlichen Platz zu machen, muss ich die Hälfte der Menschen, die da leben, hinauswerfen".  Nur in Israel und Palästina haben wir diesen eigenartigen historischen  Moment, als die Vereinten Nationen Israel erlauben im Namen des Friedens die Hälfte der einheimischen Bevölkerung zu vertreiben. Wenn man einmal mit der Geschichte von Israel angefangen hat, und ein Rückzug ist sehr schwierig, müsst man erklären, dass die Geschichte jetzt studiert werden muss und zurück auf 1947-48 gehen und sagen dass diese Teilung oder die Idee dieser Teilung eine unmoralische Idee ist.  Es ist nicht einmal eine gute realpolitische Idee, aber natürlich konnte man das 1947 nicht wissen. Ich kann verstehen, dass man 1947-48 gesagt hätte: „Warten wir ab, wenn wir das Land zweiteilen, könnte das funktionieren". Wer hätte das gewusst? Aber kann man 60 Jahre später begründen, dass die Teilung dieses Babys, wenn ihr wollt, anders ist als jenes von Salomons Gericht?  Es ist nicht überraschend, ihr kennt das Gericht Salomons, nicht wahr?  Ihr kennt die Geschichte von dem Baby und den zwei Müttern und dass die wahre Mutter die Zweiteilung des Babys nicht wollte.

 

Wir wissen, wer die richtige Mutter im Fall Israels und Palästina ist, wir wissen, wer vermutlicherweise immer gewillt ist, das Land zu teilen. Also glaube ich, dass die Idee der ethnischen Säuberung mit der internationalen Unterstützung zu tun hat. Zwar keine direkte Unterstützung, aber das Übereinkommen und der Konsens der Vereinten Nationen, später die Europäische Union und die Vereinigten Staaten, die sagen, dass Frieden in Palästina nur möglich ist, wenn die Israelis genug Palästinenser vertrieben haben und über genug palästinensisches Land verfügen um den einzigen demokratischen Staat  im Nahen Osten zu schaffen, [diese Haltung bereitet den Boden für den Erfolg Israels].  Sie haben das gemeinsame Sprachverständnis das wir im Westen in den späten 1940er und 1950er Jahren hatten, mit ihrem zionistischen Unternehmen verfälscht und verdorben. Schafft man so eine Demokratie, indem man die einheimische Bevölkerung vertreibt und eine jüdische Mehrheit herstellt?

 

Aber das glauben alle jungen Israelis. Sie lernen auf den politikwissenschaftlichen Fakultäten, dass die Mehrheit entscheidet, was zu tun ist, um eine demokratische Gesellschaft zu schaffen. Wer hat erstens das Recht zu bestimmen, wer die Mehrheit ist, selbst mit den Mitteln, die andere Seite zu töten, damit man über die Resultate von demokratischen Wahlen Gewissheit haben kann. Die Israelis finden das überhaupt nicht eigenartig, dass man auch ethnische Säuberungen und Genozide verbrechen kann, wenn man einen demokratischen Staat bildet, damit man die richtige Wählerschaft für die Wahlen der zukünftigen Demokratie hat.  Aber viele Leute im Westen sprechen von Israel als einem demokratischen Staat, weil sie sagen würden, dass die Mehrheit wählt und bestimmt was zu tun ist. Die Tatsache, dass die Mehrheit ständig durch ethnische Säuberung und Massaker von Menschen, durch Kolonisierung und durch die Einkerkerung in Ghettos wie Gaza geschaffen werden muss, wird nie als Teil der israelischen Demokratie diskutiert. Ich denke, wir sollten das in den Vordergrund rücken.  Der einzige Ausweg, den Israel als ein demokratischer Staat gemäß der zionistischen Ideologie hat, ist als verbrecherischer Staat weiter zu bestehen. […] 

 

Das dritte und letzte Konzept, über das ich sprechen will, ist, was sich aus Kolonialismus und ethnischer Säuberung bildet. Der wichtigste ideologische Antrieb hinter dem zionistischen Staat - ethnische Säuberung und Kolonialismus - ist die Ursache, dass wir einen jüdischen Staat in Israel haben. Das ist natürlich nicht, was uns gelehrt wird, weder den Israelis, die dort geboren sind, noch den Menschen in der ganzen Welt, die Israel unterstützen, das wird uns nicht gesagt. Uns werden zwei verschiedene Ideologien gelehrt. Man lehrt uns die Notwendigkeit einen sicheren Platz für die Juden zu finden. Wir wissen, dass das kein sicherer Platz für die Juden ist, es ist das Gegenteil. (Der einzige unsicher Platz für Juden ist in Israel, es ist dort, wo der Großteil der Juden in großer Menge seit 1948 gestorben ist.)

 

Man lehrt uns auch, dass Israel der Ort wäre, wo Juden sich als eine nationale Bewegung wieder selbst verwirklichen könnten, wo sie ihr Recht auf Selbstbestimmung verlangen können.  Aber wir wissen, dass Israel nicht an der Selbstbestimmung der Juden interessiert ist. Deswegen bringen sie Hunderte und Tausende Nichtjuden aus der ganzen Welt ins Land, denn was für Israel wichtig ist, ist nicht die Selbstbestimmung der Juden, sondern die Absicherung, dass aus dem Land kein arabischer Staat wird. Wenn du ein Baha'i bist und auf einem Berg im Himalaja lebst, aber sicher kein Araber bist, dann wirst du in kürzester Zeit israelischer jüdischer Bürger, vorausgesetzt du willst das. Da gibt es kein Problem.  Die Rabbis werden dich zu einem Juden machen und sie werden dich begleiten durch schmerzvolle Operationen zu gehen - bei Männern. Aber im Ganzen bist du herzlich willkommen, weil du kein Araber bist. Wenn du ein arabischer Jude bist, musst du dich "entarabisieren", sonst bist du in der israelischen jüdischen Gesellschaft nicht willkommen. 

 

Nun das vierte und letzte Konzept, und ich werde in einigen Minuten zum Ende kommen, ist die ethnische Reinheit. Die ethnische Reinheit des Staates hat mit dem Rückkehrrecht zu tun. Die meisten Menschen und besonders einige unserer besten Freunde sind gegen das Rückkehrrecht. […] Ihre praktischen Erklärungen laufen darauf hinaus, dass es unrealistisch ist den Flüchtlingen zu sagen, dass sie auf eine Möglichkeit der Rückkehr hoffen können, dass sie in ihrer Hoffnung auf eine bessere Zukunft bestärkt werden sollen. Ich würde sagen, dass der Ausgangspunkt  für diese Analyse keine Sachlichkeit, keinen realpolitischen Sinn beinhaltet. Wenn ihre Basis für die Analyse der Situation Realpolitik ist, wie es Uri Avnery sagt und wie es Noam Chomsky sagt, dann heißt das, dass das Gewicht der Macht die jeweilige Haltung bestimmt. Also, das Gewicht der Macht, und wir hörten gestern [vom Ungleichgewicht] zwischen der größten und stärksten Armee im Nahen Osten und den schwächsten militärischen Mächte der Welt, wenn dieses Gewicht der Macht unsere Haltung bestimmt, sollten wir uns hier heute überhaupt nicht treffen. Wir sollten dem israelischen Diktat zustimmen. Wir wissen, dass die Israelis sehr deutlich sind, in dem was sie wollen. Sie wollen so viel vom Land Palästina, wie es möglich ist, mit den wenigsten Palästinensern wie möglich. Sie wollten es 1882 und sie wollen es 2010. Das hat sich nicht geändert. Die Mitteln haben sich geändert, die historischen Verhältnisse haben sich geändert, aber die Vision, dass eine blühende, erfolgreiche israelische Gesellschaft eine Gesellschaft mit so wenig Arabern wie möglich und so viel Land wie möglich ist, hat sich nie geändert.

 

Wenn Realpolitik unsere Haltung bestimmt, sollten wir diese Vision übernehmen. Auf jeden Fall können wir nicht dieser Realpolitik entsprechen, wenn wir Israel mit seinen Wünschen herausfordern. Der Grund, warum die Israelis sogar die Anerkennung dieses Rückkehrrechtes, abgesehen von seiner praktischen Ausführung, nicht akzeptieren, ist nicht, weil sie, wie manche glauben, ein großes Problem mit ihrem Gewissen haben, zuzugeben, dass sie drei Jahre nach dem Holocaust eine große Anzahl von Menschen massakriert und verjagt haben. Ich habe einmal geglaubt, dass die das Problem war. Ich war hoffnungsvoll, weil ich ein Optimist bin. […] So glaubte ich, dass die Israelis nicht über das Rückkehrrecht reden wollen, weil Menschen, wie Uri Avnery, zum Beispiel, die selbst an der ethnischen Säuberung beteiligt waren, sich sehr unglücklich deswegen fühlten. Wenn du über das Rückkehrrecht sprichst, dann kommt die Erinnerung.

 

Nein, ich glaube nicht, dass das damit zu tun hat. Leider [ergibt diese Haltung] für den zionistischen Standpunkt einen Sinn. Araber sind nicht willkommen. Ob das jetzt Araber sind, die wir verjagt haben, oder Araber, die wir nie angegriffen haben, oder arabische Juden, die unbedingt Araber bleiben wollen, selbst wenn sie Juden sind – sie sind nicht willkommen, weil wir eine Demokratie sein wollen. Diese Leute wollen hineinkommen. Das ist der Hauptgrund, warum die Israelis das Rückkehrrecht zurückweisen. Wenn du die Palästinenser unterstützt, und damit will ich schließen, wenn du das Rückkehrrecht der Palästinenser unterstützt, dann unterstützt du nicht nur, das Recht der Menschen, die verjagt wurden, zurückzukommen, wenn sie das wollen. Du erkennst nicht nur das Verbrechen der ethnischen Säuberung von 1948 an, du hängst nicht nur gesetzestreu an den UN-Resolutionen, die klar das Rückkehrrecht ausdrücken, du sagst ganz einfach Nein zum Rassismus. Das ist es, was du tust. Du sagst einfach NEIN zum einzigen rassistischen Staat im Nahen Osten.

 

Wir haben keine netten Regime im Nahen Osten, ich gebe zu, die politischen Regime im Nahen Osten sind nicht etwas, [worauf man stolz sein kann], ich könnte für zukünftige Gesellschaften nicht empfehlen, ihre politische Basis darauf gründen, aber keines ist rassistisch. Der einzige rassistische Staat im Nahen Osten ist der jüdische Staat Israel. Der einzige Weg als Mittel gegen diesen rassistischen Staat ist die Herausforderung des Rückkehrrechtes. Nicht weil es praktisch oder nicht praktisch ist, aber weil es mit dem genetischen Code des jüdischen Staates zu tun hat.  Die Idee der Kolonisierung ist nicht neu, aber die Idee im 21. Jahrhundert, dass man die Kolonisierung aufrecht erhalten kann, indem man offen einen rassistischen Staat unterhältst, sollte nicht akzeptabel sein, speziell in diesem Land. DANKE

 

Übersetzung: Frigga Hiard

 

Audiofile: http://www.silviacattori.net/article1429.html